Klasse 3b der Grundschule am Gernerplatz, Puchheim (Schuljahr 2016/17)

… Als Rosenblau die Schritte, die auch noch von lauten Stimmen begleitet wurden, zuerst vernahm, erschrak sie heftig. „Hilfe, da kommen Leute, vielleicht die Räuber!“, flüsterte sie, so leise es ihr in der Aufregung möglich war. „Rußschwarzchen, schnell, wir müssen uns verstecken. Nur wo? Siehst du etwas?“
Ihr Freund wusste sofort ein gutes Versteck: „Ja, gleich hier, da sind die Brombeersträucher. Dahinter geht das Verstecken gut, die Büsche sind dicht, da findet uns keiner.“ Schon nahm er sie wieder bei der Hand und zog sie hinter sich her in das dichte Gestüpp. Rosenblau musste den Kopf so tief wie möglich einziehen, sie hielt die Arme schützend nach oben, denn die Brombeerzweige mit ihren festen Dornen stachen sie überall sehr schmerzhaft, sie konnte die Dornen ja nicht sehen und ihnen nicht ausweichen. Auch Rußschwarzchen trug manche blutende Schramme davon, er schien das aber gar nicht zu bemerken, so erfüllte ihn die Angst vor den Räubern und die Sorge um seine blinde Freundin. Er blickte sich um, ob sie ihm auch nachkäme, dabei zog er sie weiter am Arm hinter die Hecke. Dass am Boden viele große Steine lagen, hinter denen sich eine große Höhle auftat, das sah er nicht. Im Rückwärtsgehen stolperte er über so einen Stein. Mit einem Aufschrei fiel er nach hinten und riss Rosenblau mit sich.
Zu allem Überfluss war der dunkle Gang, der hinter dem Eingang begann, ein wenig abschüssig, und so schlitterten die beiden zunächst nach unten, tiefer in die Höhle hinein. Rußschwarzchen strampelte mit den Beinen, dadurch kamen ein paar der großen Brocken ins Rollen, die polterten krachend mit den beiden Gestürzten mit. Rosenblau hatte sich ebenfalls furchtbar erschrocken und schrie laut und kreischend.
Dieses laute Poltern und die Schreie, all das drang zu den Räubern, die sich tiefer in der Höhle befanden und dort den gefangenen Prinzen bewachten. Das Pferd des Prinzen hatten zwei der Räuber bereits genommen, mit ihm waren sie auf dem Weg zum nächstgelegenen Pferdemarkt, der sich aber in einer Entfernung von drei Tagesreisen befand.
Wer waren denn dann die Leute, deren Schritte und Stimmen Rosenblau gehört hatte? Auch sie gehörten zur Räuberbande. Allerdings waren sie schon am frühen Morgen des vorangegangenen Tages in eine ganz andere Richtung aufgebrochen, um dort aus einem Dorf Essen zu stehlen. Jetzt endlich kehrten sie mit ihrer Beute zurück, ein paar trockenen Broten und drei Hühnern, die sie aus einem Stall geklaut hatten. Unterwegs hatten sie auch noch einen Gauner getrofen, einen Betrüger, der den Bauern in den Dörfern irgendwelche Wundermittel aufschwatzte und sie so um ihr Geld brachte. Dieser Ganove hatte sich den Räubern angeschlossen, er hatte nämlich einem Bauern ein Fläschchen Wein abgeluchst, das wollten sie gemeinsam nun zum Hühnerbraten leeren. Aber die Räuber, die sich der Höhle näherten, hatten Rosenblau und Rußschwarzchen noch nicht gesehen, sie hatten nur einen lauten Schrei vernommen, deshalb duckten sie sich erst einmal in ein Gebüsch, um abzuwarten, was da bei ihrer Höhle los war.
Die restlichen Räuber und die Hexe, die noch in der Höhle waren, vernahmen das laute Gepolter der Steine, die Schreie und den ganzen Krach, der wegen eines leichten Echos hier zusätzlich verstärkt wurde. Daher glaubten sie, dass viele Männer ihre Höhle entdeckt hätten, vielleicht sogar die Ritter des Königs, und sie suchten ihr Heil in der Flucht. Die Säbel, Keulen und alle sonstigen Waffen ließen sie liegen und rannten zu ihrem Geheimgang. Dieser führte an einer anderen Stelle im Wald ins Freie, ganz in der Nähe jener Stelle, wo sich ihre Kumpane mit dem Gauner duckten. Die dachten nun ebenfalls, dass man schnell abhauen müsse, und so liefen alle Hals über Kopf davon.
Rosenblau und Rußschwarzchen kamen nach ihrem überraschenden Sturz rasch wieder auf die Beine. Der Junge beschrieb seiner blinden Freundin, dass sie eine Höhle entdeckt hatten, und sie schlichen so vorsichtig wie möglich weiter in die Höhle hinein, um sich dort zu verstecken. Mit einem Mal vernahmen sie ein leises Wimmern. „Vielleicht braucht jemand Hilfe“, flüsterte Rosenblau. Siehst du jemanden?“
Rußschwarzchen antwortete: „Da vorne ist ein kleines Feuer auf dem Boden, dahinter in einer Ecke liegt jemand. Ein vornehm gekleideter Mann, er ist gefesselt und um seinen Mund ist ein Tuch gebunden.“
„Oh, Rußschwarzchen!“, entgegnete das Mädchen leise. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass da Feuer und Licht ist. Davor hätten wir uns verstecken müssen. Sind Räuber da?“
„Nein, nur der eine da liegt auf dem Bden.“ Das musste der Prinz sein!
Natürlich schlichen sie zu ihm und lösten mit vereinten Kräften sofort die Fesseln. Der Prinz dankte ihnen nur mit wenigen Worten, dann wisperte er: „Vielleicht kommen die Räuber wieder zurück. Schnell weg!“ Und sie eilten zum Höhlenausgang, wobei Rußschwarzchen das blinde Mädchen wie immer an der Hand führte. Da erkannte der Prinz ihre Krankheit – und er erkannte sie, da sie ihm doch am Tag zuvor in dem armen Bauerndorf aufgefallen war.
Gemeinsam wanderten die drei durch den Wald, bis sie nach langem Marsch beim Schloss ankamen. Der König war überglücklich, seinen Sohn wohlbehalten wiederzusehen, und er ließ sofort seinen Schatzmeister rufen, um Rosenblau und Rußschwarzchen die versprochene Belohnung auszuzahlen. Der Prinz aber hielt ihn an der Hand fest: „Einen Moment, Vater. Ich will zuerst die Ritter bitten, in den Wald zu reiten und dort alle Räuber festzunehmen. Das wird für unsere Ritter nicht schwer sein.“ Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: „Und noch etwas. Ich bin Rosenblau und Rußschwarzchen unendlich dankbar für ihre Hilfe und ihren Mut. Aber in meinem Herzen ist mehr als nur Dankbarkeit. Ich weiß so sicher, wie ich noch nie etwas gewusst habe: Rosenblau ist die Frau, nach der ich gesucht habe. Ich wünsche mir, dass sie meine Prinzessin wird, wenn sie es auch will.“ Mit einem leichten Zögern blickte er sie von der Seite an.
Rosenblau nickte kaum merklich. Aber dann murmelte sie: „Und Rußschwarzchen, mein bester Freund, was wird aus ihm?“
Dieser platzte sofort heraus: „Ich will ein Ritter werden! Hier im Schloss!“
Der Prinz hatte auf der langen Wanderung zum Schloss auch Rußschwarzchen kennen gelernt, daher gab er nun zu Bedenken: „Ein Ritter muss viele Dinge können, vor allem das Kämpfen mit Schwert und Morgenstern, das Reiten, das Schießen mit Pfeil und Bogen, das könnte für dich zu schwierig werden. Aber ich weiß eine andere Aufgabe für dich, die du gut erfüllen kannst, wenn du magst: Willst du unser wichtigster Wächter auf dem Turm werden? Von dort könntest du das ganze Land überblicken und immer rechzeitig Alarm schlagen, wenn Feinde kommen.“
Rußschwarzchen bekam sogar feuchte Augen, dann murmelte er nur: „Uiii, ja!“
Bald darauf heiratete der Prinz seine „Prinzessin Rosenblau“. Und Rußschwarzchen? Der erfüllte seine neue Aufgabe mit großem Fleiß und noch größerer Zuverlässigkeit. Und er freute sich so sehr darüber, endlich etwas gut zu können, endlich von den anderen geschätzt zu werden, dass sein Blick immer klarer, seine Haltung immer aufrechter wurde. Das fiel einem Stubenmädchen auf, die im Schloss immer die schönen Zimmer sauber hielt. Und wie es das Schicksal wollte, verliebten auch diese beiden sich in einander und heirateten ebenfalls. Alle lebten nun glücklich im Schloss, und wenn sie nicht gestorben sind, dann sind sie auch heute noch glücklich.

© Bertram der Wanderer und Klasse 3b

Fähigkeiten

Gepostet am

18. November 2019

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